Nadine Wallner

Nadine Wallner
Portrait: Mirja Geh

„Auf sich selber hören und tun, was einem gefällt – unabhängig vom gesellschaftlichen Stellenwert“, Nadine Wallner, Freeride World Champion 2013, 2014, professional Free Skier, Rock Climberin.

Spitzensportler*innen, wie Nadine Wallner, meistern Hürden am laufenden Band und sind immer ein tolles Beispiel dafür, dass man nicht aufgibt, seine persönlichen Ziele im Leben zu erreichen. Sie sind Inspiration dafür, was der menschliche Körper kann und wozu dieser fähig ist, wenn man 100 Prozent an sich glaubt und seinen Weg verfolgt.

Nadine hat schon so einige Berg- und Talfahrten bezwungen. Mut gehört bei ihren sportlichen Disziplinen wahrscheinlich zum Grundinventar, aber es ist auch keine Selbstverständlichkeit, diese Fähigkeit im entscheidenden Moment abrufen zu können.

Für den selbst gewählten Berufsweg benötigen wir auch viele Qualifikationen, die uns zu Beginn noch nicht bewusst sind. Im ersten Schritt wird an die fachlichen Kompetenzen gedacht, doch es braucht noch ein größeres Sortiment, damit wir unser Berufsziel – das uns natürlich erfüllen darf – gut erreichen können. Die sogenannten Soft Facts.

Das BE-RUF! Interview mit Nadine lässt dich mutig werden. Es gibt dir eine Fülle von Beispielen, die dich bestärken. Hürden zu bewältigen gehört im Leben dazu, aber es fällt leichter, wenn wir uns Vorbilder suchen. Egal wie groß oder klein die Hindernisse sind.

Das war eigentlich bei uns eine ganz natürliche Entwicklung. Dadurch, dass meine Eltern sehr sportlich sind – und auch mein großer Bruder – war das ganz normal, in der Natur Sport zu machen. Ich habe das gar nicht so hinterfragt, es hat sich alles so entwickelt.

Mein Papa war Skiführer und hat uns ganz bald mitgenommen auf den Berg und uns verschiedene Facetten gezeigt, was man am Berg alles machen kann und auch ein Bewusstsein dafür geschaffen, welche Entscheidung es so gibt – auf dem Berg, wenn man selber unterwegs ist.

Ich bin Bergführerin und Skiführerin seit meinem 20. Lebensjahr und habe daher auch sehr viel fachliches Wissen. Ich denke, wenn man als kleines Kind schon am Berg unterwegs ist, dann lernt man so einen Grundinstinkt für Entscheidungen, die wesentlich am Berg sind.

Ich habe auch sehr viele Ausbildungen gemacht. Ich war sehr viel mit meinem Papa und später auch mit anderen Skiführern unterwegs. Von deren Erfahrung kann man sehr viel mitnehmen. Am Berg ist einfach ein MITEINANDER wichtig.

Ja, das kommt mit der Erfahrung oder mit gewissen Erlebnissen. Da zahlt man halt hin und wieder ein bisserl Lehrgeld und hat manchmal schlechte Erfahrungen und manchmal Erfahrungen, die knapp gut ausgegangen sind – die sind aber wichtig, um einfach wieder sensibilisiert zu werden. Da gibt es den Spruch, dass der Erfahrungstopf hoffentlich schneller voll ist als der Glücktopf. Es ist zwar am Berg immer ein wenig Restrisiko dabei, aber man versucht,  zu optimieren. Mit der Erfahrung wächst eigentlich die Entscheidungsfindung, dass man sicher am Berg unterwegs ist.

Ja, auf jeden Fall. Man sucht immer wieder Herausforderungen, wo man sich mental oder physisch in einen Grenzbereich bringt – wo man herausfinden will, ob man das kann oder ob man sich das zutraut. Das ist einfach was Cooles, wenn man sich immer wieder neu motivieren kann oder schon motiviert ist und sich überwinden kann, etwas zu machen, von dem man nicht sicher weiß, ob das gut ausgeht. Wo man das Ungewisse einfach wagt. Das ist halt ein kleines Abenteuer.

Mein Umfeld – Familie und Freunde sind für mich ganz wichtig. Die sind für  immer für mich da.

Ich habe die ganz normalen Verletzungsphasen durchgemacht. Ich war schon immer motiviert, aber es waren auch Momente, wo es einfach mühsam war.  Aber da muss man kämpfen, da darf man nicht aufgeben. Ich bin dadurch aber auch wieder zum Klettern gekommen. Dadurch konnte ich dann auch den Bergführer machen. Vorher hatte einfach das Skifahren Priorität, da bin ich gar nicht geklettert. So hat sich auf einmal was anderes, Gutes, ergeben.

Ich bin dann relativ neu in den Klettersport rein und war da sehr motiviert. Ich war bereit, da sehr viel Zeit zu investieren. Aber es ist natürlich eine Ausnahme, wenn man so „frisch“ klettert, dass man gleich so schwer klettert. Vor allem sind es sehr mentale anspruchsvolle Touren, die ich da geklettert bin. Es war bestimmt eine Ausnahme, dass man solche Touren gleich so klettern kann, aber ich glaube, dass das vom Skifahren kommt – da ist ein ähnliches Mindset da, auf das ich zurückgreife.
Da habe ich aber auch wieder gemerkt, dass der Erfahrungstopf noch sehr leer ist, wenn man in einer Wand klettern und sich selbst absichern muss. Mich haben ganz viele Freunde unterstützt und mir viel Tricks und Tipps gegeben, worüber ich sehr froh war. Von deren Erfahrungen habe ich sehr profitiert, um sicher unterwegs zu sein und um auf ein gewisses Level zu kommen. Man braucht extrem viel Routine beim Klettern – genauso wie beim Skifahren.

Aktion: Voitl Stefan

Ich denke, alles was Spaß macht, macht man gut. In erster Linie würde ich einmal für mich herausfinden, was mir Spaß macht, wobei die Zeit schnell vergeht, wenn ich es mache. Unabhängig davon, welchen gesellschaftlichen Stellenwert das hat, einfach auf sich selber hören und machen, was einem gefällt. Der Leistungsdruck bei den Jugendlichen ist enorm hoch und wird auch immer größer. Es muss für mich selbst passen und nicht für das Umfeld, denn das Umfeld ergibt sich eigentlich aus mir.

Ich denke, es ist schon wichtig, dass man sich selbst im Mittelpunkt sieht. Für wen ich es mache – dass ich es in erster Linie für mich selber mache und nicht für jemand anderen. Sobald ich versuche, für jemand anderen etwas zu machen, ist das Scheitern immer wahrscheinlicher, weil es immer schwierig ist, anderen Erwartungen gerecht zu werden. Sich selbst genug kennenzulernen und zu wissen, was man will oder nicht will, das ist entscheidend. Für einen jungen Menschen ist das schwierig, aber einfach viel ausprobieren und herausfinden, was man will.

Man realisiert es erst später. Das Schönste war eigentlich, dass meine Eltern und Freunde da waren. Dass mein Umfeld hinter mir gestanden ist und mich alle unterstützt haben.

Ja, Talent ist auf jeden Fall gut, wenn ich es habe, aber es ist nutzlos, wenn ich nicht die Disziplin oder den Ehrgeiz habe. Nur Talent allein ist zu wenig. Mit viel Fleiß und Disziplin kann man viel erreichen. Das Wichtigste ist, denke ich, die Motivation.

Das könnten wir jetzt meine Mama fragen. Die hat einmal in einem Interview gesagt, dass ich immer gewusst habe, was ich will, und dass ich als Kind schon immer sehr zielstrebig war. Man darf halt nicht ungeduldig sein, denn manche Ziele sind größer – da braucht man einfach länger. Aber es ist gut, wenn man auch große Ziele hat, denn das Ziel ist ja eigentlich nicht das Ziel – der Weg dorthin, das alles zu erreichen, ist ja viel lehrreicher.

Das ist natürlich cool, wenn der Moment endlich da ist. Man ist auf jeden Fall nervös, man hat so lange gewartet und man will abliefern. Die Freude ist einfach groß – man hat so lange darauf gewartet. Besonders ist es natürlich, wenn man zu Hause fährt. Das ist persönlich noch einmal mehr wert, als wenn man in Alaska, Amerika oder Peru fährt.

Beim Klettern ist es ähnlich. Interessant ist es, wenn du eine Route probierst, die nicht gleich funktioniert. Oder wenn man das Schritt für Schritt ausarbeiten muss, bis es gut funktioniert. Umso länger der Projektprozess dauert, umso cooler ist es eigentlich nachher. Wenn du zum Beispiel 50-mal wo hingesprungen bist und es hat nicht geklappt, und dann klappt es, dann denkst du gar nicht mehr an die 50-mal vorher – es ist einfach toll, dass es klappt.

Als Kind war es meine Familie. Also meine Eltern und mein Bruder. Weil wir halt viel unterwegs waren. Mein großer Bruder, der ist 3 Jahre älter als ich, der war mir immer einen Schritt voraus – da wollte ich halt einfach nach. Man kann von Geschwister viel profitieren, das ist sehr schön.

Die hat ursprünglich Köchin gelernt, hat aber später dann als Kindergärtnerin gearbeitet.
Mein Papa ist gelerntet Installateur. Beide haben sehr geerdete Berufe.

Ich kann dir nur sagen, was ich nicht machen würde. Ich könnte nicht von Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr wo fix arbeiten – ich bräuchte eine Flexibilität und Freiheit – also ich wäre bestimmt selbstständig. In welcher Art und Weise weiß ich nicht, aber ich wäre in den Bergen unterwegs.

Aktion: Voitl Stefan

Ich war dort schon sehr selbstständig entscheidend – unabhängig von den Lehrern. Ich habe mir nicht immer Freunde unter den Lehrern gemacht und selber entschieden, ob die Stunde jetzt für mich wichtig ist oder nicht. Da war ich sicher nicht so diszipliniert und schon sehr auf den Sport fokussiert.

Ich glaube, einfach Vertrauen haben. Nicht so sicherheitsbedacht auf eine Existenz, den Beruf zu wählen. Wenn man jung ist, hat man noch die Möglichkeit, mehr auszuprobieren und das hat man später dann eigentlich nicht mehr. Ihnen Erfahrungen sammeln zu lassen – eigene Erfahrungen.
Es ist für mich schon wichtig, das zu machen, was man gerne macht.

So, wie ich das Sportlerdasein lebe: Ich bin etwas flexibler und freier wie jetzt zum Beispiel ein Skialpine-Rennläufer – die haben sicher noch mehr Struktur. Bei mir ist es so, dass sich ein natürlicher Prozess ergibt – in den Bergen.  Ich habe schon Phasen, wo ich in die Kraftkammer gehe, aber so im Sommer wie jetzt, bin ich viel am Berg – da ergibt sich das Training von selbst.

Ja natürlich, ich bin auch ab und zu müde. Die Pausen ergeben sich von selbst, wenn zum Beispiel Schlechtwetter ist oder wenn du nicht an die Wand kannst, weil sie nass ist. Wenn viel Schönwetter ist, dann muss man sich ab und zu wieder ein wenig zurücknehmen und einen Tag Pause machen. Ich habe da für mich selber ein gutes Gespü

Boah, ich bin eigentlich schnell zufrieden. Zum Beispiel, wenn man am Berg ist, dass man Spaß hat. Wenn man eine coole Tour klettern kann, wenn man eine coole Abfahrt fährt.

Ein spezielles mentales Training mach ich jetzt nicht. Da finde ich es wichtiger, sich draußen zu bewegen. Einfach ein gutes Gefühl zu bekommen für den Berg und für das, was ich mache und für mich selber.

Einfach nicht aufgeben. Dass man sich die Hoffnung bewahrt. Ich habe schon öfters erlebt, dass ich eigentlich vor einer Mauer gestanden bin. Da denkt man sich, es geht gar nicht, aber es ist nachher irgendwann doch wieder gegangen. Dass man emotional flexibel bleibt und auch in andere Richtungen blickt. Wenn ich mich umdrehe, kann es sein, dass keine Wand mehr da ist und dass ich doch einen Weg finde. Wenn der Weg nicht funktioniert, gibt es einen anderen. Die Entwicklungszeit ist auch unterschiedlich. Wenn mir die Mauer zum Beispiel zu hoch ist und ich vielleicht noch zwei Jahre warte, dann komm ich vielleicht über die Mauer drüber. Man darf nicht ungeduldig sein. Den Dingen die Zeit lassen, die sie brauchen.

Skifahren muss man können. Mit den Gefahren muss man sich auseinandersetzen. Seit ich nicht mehr auf der Piste bin, beschäftige ich mich mit Safety-Ausrüstungen, mit Lawinensituationen.

© 2023 Personalentwicklung Regina Göpfert .