Paul fällt aus der Rolle – was tun?

Eine Geschichte über die Sprache der Menschlichkeit

Es ist Dienstag 10:00 Uhr, der wöchentliche Jour fixe poppt im Outlook-Kalender auf und einige machen sich auf den Weg zur Teambesprechung. Durch das Programm führt Paul. Er ist der Fels in der Brandung für alle im Team – was für ein Glück, dass auch er die Führungskraft ist.

Heute ist es allerdings anders. Keine Routine, keine Wiederholung der geliebten Besprechung, wo Raum ist – über anstehenden Aufgaben zu sprechen, Sorgen loszu- werden oder einfach nur über den Alltag zu reden.

Paul ist heute zu spät. Sonst ist er immer „on time“. Ein Telefonat, das dringend erledigt werden musste, hält ihn davon ab, dass er zum Jour fixe erscheint.  Es muss wohl die Feuerwehr am anderen Ende gesprochen haben. Paul ist bekannt dafür, Grenzen zu setzen und sehr fokussiert zu arbeiten – wie ein Zug, der minutiös an seinen Haltestellen anhält, um wartende Passagiere ein- oder aussteigen zu lassen.

Der vermeintliche Brand am anderen Ende des Telefonats konnte gelöscht werden. Statt der „Feuerwehr“ war es ein bekannter Kunde, der sich nicht beruhigen ließ und der Paul dermaßen herausforderte, dass er sein Verhalten, für das er beliebt und anerkannt ist – nicht mehr einhalten konnten.

Paul ist der Vertriebsleiter – seine Verlässlichkeit ist so sicher, wie der jährliche Kalender und die Betriebsweihnachtsfeier, die immer am ersten Adventwochenende stattfindet. Paul, wie ein Schweizer Uhrwerk, sorgt bei jeder Feierlichkeit für ausgelassene Stimmung und er gibt die besten Witze von sich, die wirklich zum Mitlachen einladen.

 

Heute warten allerdings alle auf Paul. Sein gesamtes Team, vom Lehrling bis zur Assistentin. Sie sind verwirrt. Er verhält sich anders, irgendwie eigenartig. Das ist nicht ihr Chef Paul, den sie kennen und schätzen. Verunsicherung und Unbehagen kommt auf, während sie ihn heimlich beim Telefonat beobachten. Warum bringt ihn heute dieser Kunde so aus der Fassung?

Ein bekannt schwieriger Kunde – doch alle wissen, es ist ein treuer Stammkunde und spielt schon immer gerne die Diva. Normalerweise reagiert Paul elegant, wertschätzend und freundlich. Doch heute? Paul beendet das Telefonat und kehrt bedrückt und schweigend zur Jour fixe-Besprechung zurück.

Alle warten darauf, dass Paul – wie gehabt – mit seiner beschwingten Art durch das Programm führt oder wenigstens ein paar Worte findet über die Situation, die gerade passiert ist.

Es scheint, als ob bei Paul etwas anders ist. Die Ursache kann durch eine Beobachtung alleine nicht erörtertet werden, aber die Vermutungen gehen im Hintergrund in den Köpfen seiner Mitarbeiter schon los. Man hört fast die Gedanken der anderen lautsprechen: Was ist los mit Paul? Ist schlichtweg alles zu viel? Es könnte sein, dass es einfach zu viel ist und im Moment kein Platz für die Gegenwart ist.

Der eigene Zorn hat den routinierten Troubleshooter erstmals aus der Ruhe gebracht.

Eine Pause ist angebracht und eine freundliche Erinnerung auch an seine Mitarbeiter*innen, das Jetzt anzunehmen. Paul hat Glück, denn sein Team steht hinter ihm, wenn auch leicht verwirrt. Doch ein allgemeines Mitfühlen ist spürbar. Alle wissen, dass Paul eine Arbeitsmaschine ist. Sie schätzen seinen Einsatz und sind diesen auch gewohnt.

Für Paul ist es heute eine ungewohnte Situation.  Er fällt aus seiner Rolle. Sein Umfeld ist irritiert und reagiert sorgenvoll und unsicher. Was ist bloß los?

Wenn jemand aus der gewohnten Rolle kippt, kann sich eine neue Tür öffnen, die mit Sicherheit nicht immer einfach zu öffnen ist.

Wenn sich neue Pfade öffnen, weil das alte Verhalten nicht mehr möglich ist, dann startet die persönliche Entwicklung. Ein Raum, der von uns Menschen mit neuen Fähigkeiten bespielt werden kann, die genau in dieser Situation von uns verlangt werden.

Bei Paul war es vielleicht auch nur ein kurzer Moment, doch die Auswirkung war spürbar und konnte nicht mehr – wie gewohnt – unter den Teppich gekehrt, mit einem Kaffee weggetrunken oder einer netten Unterhaltung bei einem Bier nach Feierabend abgekühlt werden.

Den eigenen Emotionen Luft geben, verlangt Mut und Aufmerksamkeit, auch die Reaktion von den Kollegen. Unsere Aufmerksamkeitsspanne hat sich laut einer Studie von Microsoft in den letzten Jahren verringert.

Glaubt man dieser Studie, dann haben wir unser Leben mit vielen Inhalten angefüllt, die unsere Gefühlswelt unbewusst ziemlich beanspruchen und uns daran hindern, länger fokussiert zu bleiben, um uns auf eine Sache voll und ganz zu konzentrieren. Viele Menschen laufen wie ein Kraftwerk durch’s Leben – mit einem überfüllten Arbeitsspeicher, der auf Maximalbetrieb läuft.

Sich bewusst Grenzen zu setzen, kann helfen, aus der Dauerbelastung auszusteigen und mit seinem Körper wieder voll und ganz in Kontakt zu treten.

Psychohygiene ist eine sehr gute Möglichkeit, fit im Geiste zu bleiben und seinem Herzen dabei etwas Gutes zu sein.

Gute Ernährung oder Sport sind auch ein Teil davon, die das Betriebssystem Mensch im Gleichgewicht halten können. Vor allem das soziale Leben kann sehr schnell den nötigen Rückenwind liefern, um wieder mehr Leichtigkeit zu spüren und in die Lebenslust einzutauchen.

Jay Shatty hat in seinem letzten Podcast Bill Gates gefragt, ob er sich therapeutische oder beratende Hilfe in seiner Gründungs-Phase von Microsoft und auch später geholt habe. Daraufhin war seine Antwort: Ja, eigentlich immer. Es hat ihm stets geholfen, seine Gedanken zu sortieren.

Die Spielwiese der Personalentwicklung gleicht einem Fußballfeld, das vor allem durch gute Spieler zum Leben erweckt wird und Fußball zu einem Schaufeld macht. Coaching, Seminare, fachliche Fortbildungen, Vorträge, Recruiting, Gesundheitsmanagement – die Säulen einer guten Personalentwicklung sind groß und dürfen abhängig von der Unternehmensgröße bespielt werden. Top-Leistungen verlangen ein regelmäßiges Training und einen offenen Blick. Kleine, permanente Schritte können große Wirkung erreichen. Das englische Zitat „Done ist better than perfect“ hilft auch bei der Situation mit Paul, der Führungskraft, die offensichtlich einmal nicht das tut, was im Normalfall von ihr verlangt wird. Das ist menschlich.  

Eine Einladung, offen zu bleiben, wenn dein Gegenüber nicht wie gewohnt reagiert und gemeinsam verständnisvoll zu bleiben. Mitgefühl zeigen, vor allem in Situationen, in denen es schwerfällt.

Die eigene Rolle einmal neu zu bespielen, kann auch Spaß machen und von einer positiven, inspirierenden Seite betrachtet werden. Wie könntest du dein Rollenbild noch neu bespielen und neue Facetten an dir entdecken? Trau dich und gewinne.

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