Daniela Braza-Horn ist juristische Referentin in der Oberösterreichischen Gesundheitsholding GmbH und arbeitet in der Rechtsabteilung gemeinsam mit 10 Mitarbeiter*innen- und das mit großem Engagement. Mit abgeschlossenem Jus-Studium und zwei weiteren Aufbaustudien unterrichtete sie Völkerrecht und Europarecht an der JKU Linz und ist jetzt unter anderem Lehrende eines Managementstudiums für Gesundheitsberufe an der gleichnamigen FH. In Österreich, ist die gebürtige Deutsche – Daniela Braza aber vor allem der Liebe wegen. Eine Frau, die immer für das Gute eintritt und rechtliche Dinge so verpackt, dass jeder etwas damit anfangen kann.
Mehr zu ihr, mehr zu ihrer umfassenden Ausbildung und mehr zu ihrem Beruf ist hier zu lesen:
Wie ist deine Schullaufbahn verlaufen?
Ich bin seit 15 Jahren in Österreich. Ursprünglich komme ich aus Deutschland, ich bin im Schwarzwald aufgewachsen und habe dort einen klassischen Schulweg absolviert. Ich habe die Grundschule und dann das Gymnasium besucht, wo ich in einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig maturiert habe. Durch diese Vertiefung wurde mir bewusst, was ich in meiner beruflichen Zukunft einmal nicht machen werde. Für dieses Gymnasium habe ich mich entschieden, weil meine Freunde ebenfalls in diese Schule gingen. Es war eine schöne Schule in einem alten Schloss und wir hatten eine wunderbare Zeit.
In Deutschland machen viele nach dem Abitur eine Ausbildung. Ich habe mir jedoch lange keine Gedanken über eine konkrete Berufswahl gemacht, hatte beim Lernen aber nie Schwierigkeiten. Somit stand für mich immer fest, dass ich studieren möchte. Lange Zeit wollte ich Tiermedizin studieren. Mit einem Wartesemester war allerdings dafür zu rechnen, durch die große Nachfrage nach dem Studium Tiermedizin. Somit habe ich mir intensiv darüber Gedanken gemacht, was mir gut gefällt, um eine andere Richtung zu finden. Ich habe in dieser Zeit auch für mich entdeckt, dass ich neben Tieren auch Sprachen sehr gerne habe.
Welchen Studiengang hast du folglich gewählt?
Eigentlich wollte ich Journalistin werden und habe hierfür ein Praktikum beim Rundfunk und bei der Zeitung gemacht. Dort habe ich einen Journalisten kennengelernt, der mir anbot, nach dem Studium in der Redaktion arbeiten zu können. Ich fand die Richtung Anthropologie oder Ethnologie sehr interessant. Meine Eltern haben mir jedoch geraten, ein Studium zu wählen, nach dessen Beendigung ich auch fix einen Beruf ausüben kann. Aus diesem Grund habe ich mich dann doch für Jus entschieden.
Wie ist es in Deutschland zu studieren, kennst du Vergleiche zu Österreich?
In Deutschland ist alles sehr zentral aufgebaut und beim Jus-Studium hat man als Abschlussprüfung ein Staatsexamen, d.h. es ist mit einem hohen Stressfaktor verbunden, da der gesamte Stoff in einer Prüfung abgeprüft wird. In Deutschland ist das Jus-Studium sehr angesehen und anspruchsvoll, da man die Fähigkeit besitzen muss, sich sehr viel Wissen anzueignen. In Österreich kann man wählen, wann man die Abschlussprüfungen ablegen möchte und hat daher nicht so einen großen Druck, in allen Teildisziplinen „auf einmal“ fit sein zu müssen.
Welche Lernhilfen kannst du empfehlen, um die Fülle an Gesetzen zu verinnerlichen?
Mir hat das Schreiben von Karteikarten sehr geholfen, um einen strukturierten Überblick über die Fülle der Inhalte zu bewahren. Als Jus-Student muss man auf jeden Fall gerne lesen, sind es doch sehr viele Bücher, die zu lesen sind. Ich habe immer versucht, das Gelesene noch einmal zu destillieren, herunterzubrechen und verständlich auf Karteikarten zu notieren. Ich bin ein visueller Typ, also hat mir diese Vorgehensweise sehr gut geholfen.
Muss man im Jus-Studium die Gesetze auswendig beherrschen?
Wichtig ist, dass man eine Grundvorstellung hat, wo man unterschiedliche Gesetze findet und wo das Gesuchte stehen könnte. Bei einem Gesetzbuch wie dem BGB, das über 2000 Paragraphen hat, hilft es sehr, wenn man weiß, in welchem Abschnitt man zirka suchen muss. Durch die intensive Auseinandersetzung mit den Gesetzen weiß man allerdings ohnehin nach einer gewissen Zeit ein paar Gesetze auswendig.
Wem würdest du ein Studium empfehlen, unabhängig der Studienrichtung?
Ich glaube, man tut sich leicht beim Studium, wenn man gerne lernt, wenn man neugierig ist und gerne Neues erfahren möchte.
Welche Kompetenzen lernt man zusätzlich zum Lerninhalt?
Ich bin der Meinung, dass es sehr um das Durchhaltevermögen geht. Man muss sehr wohl auch eingestehen, dass nicht immer alles easy ist und dass es auch Phasen gibt, die nicht so lustig sind. In solchen Situationen darf man die Nerven nicht verlieren, sondern muss lernen, wie man durch solche Zeiten kommt. Manchmal ist es beim Studium so, dass der unmittelbare Erfolg nicht sofort da ist. Bei einem handwerklichen Beruf hingegen ist es meist so, dass man sein eigenes Werk direkt bewundern kann.
Hast du überlegt, nach dem Studium eine zusätzliche Ausbildung zu absolvieren?
Ich habe im Berufsleben noch zwei Aufbaustudien berufsbegleitend gemacht, welche auf das Jus-Studium aufbauten. Mein heimlicher Wunsch ist, noch eine andere Richtung, nämlich Volkswirtschaft, zu studieren. Dafür habe ich derzeit aber leider keine Zeit. Ich hatte während des Studiums zwei Semester lang VWL für Juristen und habe es enorm interessant gefunden.
Beschreibe uns doch deine Tätigkeiten im BE-RUFS- Alltag?
Ich habe einen sehr interessanten und schönen Bereich gefunden, in dem ich nun seit über zehn Jahren tätig bin, nämlich den Gesundheitsbereich. Ich habe zuerst für die Ärztekammer als Rechtsberaterin gearbeitet. Dabei habe ich gemerkt, wie gerne ich mit Menschen zusammenarbeite und in der Beratung tätig bin. Diese Tätigkeiten haben mir sehr gut gefallen. Ich wollte dann allerdings in Richtung Krankenhaus gehen. Ich bin jetzt seit mehr als einem Jahr in der oberösterreichischen Gesundheitsholding, dem größten Krankenhausträger in Oberösterreich und dem zweitgrößten österreichweit. Da arbeite ich in einem ganz breiten Aufgabenfeld mit vielen Fragenstellungen betreffend dem klinisch-rechtlichen Bereich.
Wie sieht dein Arbeitsalltag bei dir aus?
Ein Krankenhaus ist ein sehr großer Komplex. Es besteht daraus, was wir wahrnehmen, wenn wir als Patient oder Besucher ins Krankenhaus gehen. Aber auch aus vielen Bereichen, die nach außen gar nicht wahrgenommen werden können, wie zum Beispiel der Einkauf oder die Verwaltung. Ich bin in der Verwaltung tätig mit insgesamt zehn Mitarbeiter*innen. Wir haben als Rechtsabteilung für den ganzen Konzern mit allen rechtlichen Angelegenheiten zu tun, die in diesem riesigen Komplex entstehen.
Was gefällt dir an deiner Arbeit?
Mir gefällt, dass man einerseits eine Expertise aufbauen kann und das ist auch wichtig, da man nicht in jeden Bereich gleich intensiv einsteigen kann. Jeder von uns hat einen oder mehrere Spezialbereiche, für den er zuständig ist. Dennoch bin ich froh, dass meine Aufgaben sehr vielfältig sind. Wenn ich in der Früh in die Arbeit komme, habe ich zwar eine grobe Vorstellung, was auf der Agenda steht, es kann jedoch sein, dass ich, wenn ich den Arbeitstag beende, etwas komplett anderes getan habe, weil das dann viel wichtiger war.
Wie geht ihr beim Lösen eines Falles vor? Habt ihr eigene Strategien?
Wir sind alle Teamworker und sehr kommunikativ. Das ist es, was mir an unserem Betrieb so gut gefällt. Schwierige Fälle diskutieren wir im Plenum. Außerdem schätze ich es auch, dass wir einen Sparringpartner haben, also jemanden zum Üben und zum Austauschen im eigenen Bereich, denn nur durch die Übung kann man auch gut werden. Vor Verhandlungen setzen wir uns zusammen und überlegen, was für unsere Meinung und unsere Argumente spricht und versuchen, diese auch wieder zu entkräften, um alles von einer anderen Seite zu sehen. Somit können wir ungefähr vorhersagen, was auf uns zukommt.
Welche Eigenschaften hast du dir – durch das Gelernte während des Studiums sowie durch die Anwendung in der Praxis – angeeignet?
Ich glaube, es ist hilfreich, dass ich gelernt habe, sehr analytisch vorzugehen. Somit kann ich mir Dinge systematisch sehr gut aufarbeiten. Ein riesiges Themenfeld kann ich durch überschaubare Portionen gut gegliedert und verständlich unterteilen und aufbereiten.
Wie holt ihr Student*innen/Absolvent*innen/Praktikant*innen ins Boot?
Wir haben zurzeit eine Praktikantin. Wir nehmen sie überall mit und wollen, dass sie einfach alle Bereiche einmal kennenlernt. Bei mir war es ebenfalls so, ich habe alles gezeigt bekommen, bin allerdings eher der Learning-by-doing-Typ, weshalb ich rasch selbständig geworden bin. Erstes Kennenlernen ist aber wirklich essenziell, gerade für Neuzugänge, da die Praxis wesentlich von der Theorie abweicht. Kreativität wird in der Praxis auch benötigt, um Wege und Lösungen zu finden, die nicht nur mithilfe des Gesetzes gelöst werden können.
Also gibt es auch Fälle, bei denen man schlussendlich eine menschliche und keine juristische Lösung findet?
Ja, solche Fälle kommen ständig vor, da im Leben nicht alles schwarz oder weiß ist. Man muss sich in der Praxis von einem fixen Standpunkt lösen und die gegenüberliegende Seite ebenfalls verstehen. Anschließend wird eine Lösung gefunden, die für alle Parteien passt. Ein Verhandlungserfolg ist nicht dann, wenn man alles gewinnt, sondern dann, wenn man ein bisschen mehr bekommt und du deine Erwartungen übertriffst.
Darf man als Jurist geduldig sein?
Ja, es gibt viele Dinge, bei denen man einen langen Atem benötigt, bis eine Lösung gefunden werden kann.
Wie viele deiner Studienfreund*innen arbeiten nun als Richter*in?
Ganz wenige, da es sehr schwierig ist, in diesen Bereich hineinzukommen.
Ich habe die Rechtsanwaltsprüfung in Deutschland abgelegt, wo man nach dem Studium noch zwei Jahre Vorbereitungszeit hat und während eines halbjährigen Praktikums kann man in alle Bereiche hineinschnuppern. Anschließend muss man ein Staatsexamen schreiben, damit man die Zulassung bekommt. Rechtsanwalt ist ein sehr schöner und vielseitiger Beruf. Ich habe auch für Rechtsanwälte gearbeitet, konnte mir allerdings nicht vorstellen, die Vertretung für Fälle zu übernehmen, hinter denen ich inhaltlich gar nicht stehe. Ich habe ein Jahr nach dem Studium in Hamburg bei einer Rechtanwaltskanzlei gearbeitet. Das hat mir Berührungsängste genommen, mir auch gezeigt, dass ich lieber in ein Unternehmen arbeiten möchte.
Ja, ich habe immer wieder daran gezweifelt, aber das Jus-Studium ist keine Geheimwissenschaft, man muss keine Angst davor haben. Es geht bei diesem Studium nicht nur ums Lernen, viel mehr ums Lesen und Verstehen.
Ich habe mir mein Studium von Anfang an selbst finanziert, da ich aus keinem wohlhabenden Elternhaus komme. Ich wollte aber trotzdem auch ein Auto fahren und nicht im Wohnheim wohnen, sondern in einer WG. Folglich habe ich eine Weile lang Promotion-Jobs gemacht, später wurde ich für Produktpräsentationen gebucht. Zusätzlich habe ich bei der Post gearbeitet, da ich mich dabei körperlich betätigen konnte. Bei meinen Nebenjobs habe ich davon profitiert, noch ganz andere Perspektiven kennenzulernen.
Der Beruf ist etwas, wodurch ich mich selbst definiere. Meine Perspektive diesbezüglich hat sich durch mein Kinder ein wenig geändert. Vorher war der Beruf das, wo ich mich stark selbst in meiner Wertigkeit gefunden habe. Mittlerweile sehe ich das viel entspannter und der Beruf ist trotzdem etwas, worüber ich mich oft freue, dass ich es mache und dass ich meine Tätigkeiten gut ausüben kann.
In meiner Jugendzeit hatte ich einen Sporttrainer, der mich und mein Ego gut gestärkt hat. Das war damals sehr schön und es hat mir im Sport, sehr viel geholfen. Ebenfalls beim Reiten habe ich die Kraft der Disziplin gelernt. Ich habe schon früh damit begonnen habe selbst erfahren, wie sich auch das Durchsetzungsvermögen auf den persönlichen Lernerfolg auswirkt. Meine Eltern haben mich stets gestärkt. Sie haben mir immer gesagt, dass es egal ist, was ich mache, aber ich soll es gerne tun.
Ich finde, bei mir geht es sehr stark um Sprache. Wenn ich es mag, mir selbst etwas zu überlegen, gerne Aufsätze zu schreiben oder Argumente sammle, dann kann es sein, dass man gerne Jurist ist. Sich dabei etwas zu überlegen, was anderen Menschen konkret weiterhelfen kann und ihnen komplexe rechtliche Dinge zu „übersetzen“, all dies können Indikatoren sein, die für die Wahl eines JUS-Studiums sprechen.
Welchen Tipp gibst du orientierungslosen Jugendlichen?
Ich war selbst ein Stück orientierungslos. Im Nachhinein denke ich mir, ich hätte mir mehr Zeit lassen können und nicht sofort ein Studium anfangen müssen. Heutzutage ist es ein Vorteil, dass Jugendlichen zugestanden wird, dass sie eine Orientierungsphase benötigen. Ich finde es schön zu sehen, dass man heute weniger Zeitdruck hat. Diese Zeit gibt einem die Möglichkeit, ein Praktikum zu absolvieren oder sich verschiedene Bereiche anzuschauen und hineinzuschnuppern.
Welchen Tipp kannst du Eltern mit Jugendlichen geben?
Es geht darum, dass wir als Eltern immer nur das Beste für unsere Kinder wollen und dass wir auch glauben, dass wir wissen, was das Beste für unsere Kinder ist. Ich habe gelernt, dass ich mich als Mutter wirklich zurückhalte und dass mein Kind den Weg, den er gehen, auch so gehen wird. Dieser Weg wird gut werden. Diese Zuversicht und das Vertrauen den Kindern gegenüber sind unglaublich wichtig. Es gibt heute so viele Verzweigungen, Kurven und Abbiegungen. Das konnten wir uns früher gar nicht vorstellen.
Siehst du die heutige Vielfalt als Vorteil?
Für mich persönlich wäre es, glaube ich, kein Vorteil, weil dadurch die Gefahr besteht, dass man sich ein wenig verzettelt. Ich glaube, in dem Überangebot ist es schwierig, einen Überblick zu bekommen. Mittlerweile, wo es ja unglaublich viele Studiengänge, Unterstudiengänge, Verästelungen und vieles mehr gibt, bewundere ich jedes Kind und jeden Jugendlichen, der eine klare Vorstellung von seinem zukünftigen Beruf und Werdegang hat. Es ist aber auch nicht schlimm, wenn man es noch nicht weiß.
Wie glaubst du, kann man die Meta-Kompetenzen, wie: Grüßen, Bitte/Danke-Sagen, Pünktlichkeit und ähnliches, erlernen?
Ich glaube, es geht alles um Meta-Kompetenzen, oder soziale Kompetenz. Es ist ganz wichtig, dass wir miteinander interagieren. Der Mensch ist ein soziales Wesen und wir lernen enorm viel voneinander. Hierfür braucht es das Gespräch. Wir müssen uns in das Gegenüber hineinversetzen können und das geht meiner Meinung nach nur mit einem persönlichen Background und natürlich im respektvollen, offenen Miteinander. Ich finde, soziale Kompetenzen sind viel wichtiger als kognitive Kompetenzen. Soziale Kompetenzen sind der Schlüssel zum Erfolg.
Wenn du deinen Job erneut frei wählen kannst, welchen Beruf würdest du auch gerne auswählen?
Ich würde Bio-Bäuerin werden. 😉